Aus unserem Archiv

Das Jahr 1965

 

1965 - ein bedeutsames Jahr für Albert Schweitzer persönlich und  für das Schweitzer-Werk.

Im Januar 1965 wird Albert Schweitzer 90 Jahre alt, im September 1965 stirbt Albert Schweitzer in Lambarene. Sein Geburtstagsjubiläum und sein Tod werden von der Öffentlichkeit mit großem Interesse wahrgenommen. In unserem Archiv befinden sich allein drei Ordner mit Zeitungsausschnitten aus diesem Jahr, die den großen Humanisten würdigen und auch über die Aktivitäten des Albert-Schweitzer-Komitees berichten.

Lambarene Reisende, wie Gerald Götting oder Paul Herbert Freyer berichten anlässlich Schweitzers 90.Geburtstag in der Presse über ihre Erlebnisse im Urwaldspital. Man kann lesen, dass zu Ehren Schweitzers drei Sonderbriefmarken herausgegeben werden, wofür sich Albert Schweitzer ausdrücklich bedankt und betont, wie gerne er in die DDR käme, dies aber aus Zeitgründen nicht verwirklichen kann. Die Norddeutsche Zeitung, Schwerin, schreibt, dass das Albert –Schweitzer-Komitee seit seiner Gründung 1963 bereits 4 Sendungen im Wert von 100000 Mark nach Lambarene schicken konnte. Die letzte Sendung beinhaltete z.B. Medikamente, Wäsche und Schuhe.

Prof. Dr. Louis-Heinz Kettler, Direktor des Pathologischen Instituts der Berliner Humboldt-Universität wird zitiert:“ Dass seine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben auf dem ganzen Erdball Widerhall gefunden hat, dass diese seine Forderung heute in der sozialistischen Welt von vielen Millionen Menschen verwirklicht wird, das gibt ihm täglich die Kraft, sein Lebenswerk fortzusetzen.“

Der Tschechoslowake Dr. Jaroslav Sedlácek, der zu Schweitzers-Ärzte-Team gehörte, berichtet in der „Freiheit“ über Schweitzers Ansichten im Umgang mit den Afrikanern. Die Zeitungen in der DDR stellen den Humanisten, den Friedenskämpfer ins Zentrum der Artikel. In allen Bezirkszeitungen, Zeitungen der Blockparteien, im Neuen Deutschland, Wochenzeitungen oder Fachzeitschriften wurde an Schweitzer erinnert. Die Inhalte gleichen sich, trotz der Vielzahl der Zeitungen.

Auch Artikel aus der Bundesrepublik Deutschland und Österreich liegen vor. Die westdeutschen Beiträge sprechen von Schweitzers Handeln aus christlicher Menschenliebe, bringen aber auch immer wieder die Kritik an Schweitzers Spital ins Gespräch: Schweitzer weigert sich gegen Neuerungen, Schweitzer lässt das Spital „verschlampen“, Schweitzer behandelt die Einheimischen schlecht u.s.w.

Dagegen stehen Ausführungen z.B. von Rolf Italiaander oder Harald Steffahn mit hohem Informationswert, die von guten Kenntnissen über Lambarene, Alltag im Urwaldspital und Schweitzers Leben und Werk zeugen.

Im März 1965 häufen sich Meldungen darüber, dass Schweitzer nicht mehr nach Europa zurückkehren wird, die Leitung seines Spitals an einen jüngeren Arzt, Dr. Walter Munz, übergeben hat.

Am 3.4.1965 berichtet die Märkische Volksstimme Potsdam von einem Festakt zur Verleihung des Namens Albert Schweitzers an eine neu errichtete Schule in Hennigsdorf. Schweitzer selbst wünscht der Schule schriftlich alles Gute. Auch heute noch gehört die Albert-Schweitzer-Schule in Hennigsdorf zu den aktiven Namensträgerschulen. Ausführlich wird über den Dankesbrief Albert Schweitzers an Walter Ulbricht geschrieben. Der höfliche Albert Schweitzer dankt vielen Gratulanten, die ihm zum 90.Geburtstag geschrieben haben: Mitgliedern der Humboldt-Universität, Schülern einer 3. Klasse in Halle, Schülerinnen einer Stenotypistinnenklasse in Meißen, einer Schule in Zittau, Privatpersonen u.v.m. Viele Schweitzer-Freunde erhalten Post aus dem Urwald.

Im Juli 1965 sorgt Schweitzers Unterzeichnung des Helsinkier Friedensappells für Aufmerksamkeit in den Zeitungen. Mehr als 150 Persönlichkeiten der Weltöffentlichkeit haben diesen Appell unterzeichnet. Schweitzer richtet eine Botschaft an den Weltkongress für Frieden, Unabhängigkeit und allgemeine Abrüstung und findet damit anerkennende Worte in den Pressebeiträgen.

Im September dann kommen Nachrichten über den schwer erkrankten Albert Schweitzer.

Die Welt sorgt sich um Schweitzer. Albert Schweitzer stirbt am 4.September 1965. Nun überschlagen sich die Nachrufe, obwohl laut Frankfurter Rundschau vom 6.9.schwierige Nachrichtenverbindungen, die Meldung erst mit Verzögerung in die Welt dringen ließ. Die Rundschau schreibt weiterhin: „ Die Welt verlor mit Albert Schweitzer einen Menschen, der sich – wenn auch zumal in letzter Zeit – nicht immer unumstritten in seinen Äußerungen und Handlungen – selbstlos in den Dienst der Nächstenliebe gestellt hat.“ Die Überschriften der Beiträge bezeichnen Schweitzer als großen Europäer, als großen Humanisten, als Vorbild, universalen Menschen, dreizehnten Jünger, Stimme der Mahnung oder Kämpfer bis zum letzten Atemzug. In Zeitungsmeldungen wird darüber informiert, dass das Albert-Schweitzer-Komitee beim Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes in der DDR am 8.September 1965 in der Berliner Staatsoper den großen Humanisten ehren wird.

Schon wenige Tage nach der Meldung von Schweitzers Tod wird darüber berichtet, dass es in Lambarene weitergeht. So ist von der Modernisierung des Spitals die Rede und von der Nachfolge durch Dr. Walter Munz. Die hygienischen Bedingungen sollen verbessert werden, Licht und fließendes Wasser werden geplant, das Gelände des Spitals soll durch Landankäufe erweitert werden. Die Neue Zeit; Berlin, berichtet, dass, das Alber-Schweitzer-Komitee beim DRK in der DDR auch weiterhin das Spital unterstützen wird. Die 7.Hilfssendung ist bereits in Vorbereitung.

Nach Schweitzers Tod häufen sich nun Nachrichten über Namensgebungen – eine Straße, ein Platz, ein Heim, Schulen wählen den Namen „Albert Schweitzer“ aus.

Der Neue Weg, Halle beschreibt ein Gemälde des Kunstmalers Hermann Hensel, welches Schweitzer, Gerald Götting und einen afrikanischen Jungen darstellt. Dieses Gemälde soll in der Schulungsstätte der CDU in Burgscheidungen seinen Ehrenplatz finden.

Die Neue Ruhr-Zeitung beschäftigt sich im Dezember 1965 mit Vorbildern und findet heraus, dass ein großer Teil von Kindern und Jugendlichen John F.Kennedy, Winnetou und Albert Schweitzer zum Vorbild haben. Erst an vierter Stelle rangiert der Vater. Auch dies ist eine Art von Ehrung für Schweitzer.

 

Beate Lepper

Albert-Schweitzer-Komitee e.V. | 99423 Weimar - Kegelplatz 4